Carmen Cepon, Initiatin des Vereins «Es wird» – Kuratorin der Woche

Unsere «Kuratorinnen und Kuratoren» sind Persönlichkeiten, die wir besonders interessant finden und die sich für Nachhaltiges Wirtschaften engagieren. Wir diskutieren mit ihnen über ihre Projekte, ihre Ansätze und Ideen, wie sich Faircustomer als Marktplatz weiter entwickeln kann. Die Kuratoren-Gespräche sollen Menschen mit ähnlichen Werten aus unterschiedlichsten Richtungen/Bereichen verbinden. Auf diese Weise wollen wir unseren Leserinnen und Lesern ein lebendiges, umfassenderes Bild für nachhaltige Entwicklung, Design und Wirtschaft vermitteln.

A) Über deinen Werdegang / deine Philosophie

Wie kam es dazu, dass Du dich für Nachhaltigkeit engagierst? Gibt es ein Schlüsselerlebnis? Wie wird man Projektleiterin von „Es wird“?

Ich bin naturnah aufgewachsen und ein achtsamer Umgang mit dem, was man hatte, galt in unserer Familie als selbstverständlich. In meinem „Ursprungsland“ Österreich wurde Mülltrennung schon 1988 gesetzlich verankert, Bio-Labelling früh und intensiv gefördert und es gibt viele Bauten, die weltweit als Musterbeispiele für gelungene Öko-Architektur gelten. Das prägt.
So richtig aktiv in Sachen Nachhaltigkeit wurde ich jedoch erst ab 2012, durch ein Weiterbildungs-Praktikum bei OstSinn. Es folgten Jahre im Vorstand, als Leiterin Kommunikation und Projektverantwortung auch auf beruflicher Ebene. Die Gründung des Vereins „Es wird“ Anfang 2017 war für mich eine logische Konsequenz: Das Schaffen einer flexiblen „Umsetzungsstruktur“ als Ergänzung zur Nachhaltigkeits-Plattform und -Netzwerk OstSinn. Unterstützt haben mich dabei drei engagierte Menschen, zwei von ihnen sind heute noch im Vorstand.

Gibt es aktuelle Herausforderungen, die Du bei der Arbeit an einem nachhaltigen Projekt hast oder vielleicht kürzlich gemeistert hast?

Ja, die Folgen des Corona-Jahres 2020! Dadurch wurden bei uns von Es wird. einige Entscheidungsprozesse beeinflusst. Einer Beinahe-Totalblockade von Aktivitäten folgte ein „Jetzt erst recht“. Wir sind zum Jahresbeginn mit drei neuen Projekten durchgestartet und haben gleichzeitig unser Team von vier auf elf Mitglieder vergrössert. Das hat zwar in den letzten Monaten für mich einen gewaltigen Mehraufwand bedeutet, sich aber in jeder Hinsicht bezahlt gemacht und ist auch notwendig. Denn wer nachhaltige Projekte umsetzt, muss auch heute noch – trotz breiter Verankerung der Thematik auf politischer und wirtschaftlicher Ebene – beweisen, keine „handglismeten“ Sachen zu machen.

B) Was verstehst Du unter Nachhaltiger Entwicklung?

Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Du kennst ja Faircustomer bestens… Wir arbeiten mit den SDGs der UNO und versuchen es vereinfacht mit den Werten ✓fair ✓sozial ✓bio ✓eco zusammenzufassen.  Was ist Dir besonders wichtig? Sagt diese Auswahl etwas über dich, deine Philosophie aus?

Stimmt, in den dreieinhalb Jahren, in denen ich bei und mit Faircustomer aktiv war, habe ich viel dazu gelernt. Eine interessante Erfahrung war jeweils die Einschätzung, ob und wie ein Label tatsächlich nachhaltig ist. Ich persönlich bin ja davon überzeugt, dass von fair entlöhnten Menschen produzierte Ware aus schonend behandelten Naturmaterialien, die möglichst kurze Transportwege zurück gelegt hat, die Norm sein sollte. Wie schwierig es jedoch ist, solche Produkte zu vertreiben, weiss jede und jeder, die oder der damit in irgend einer Form konfrontiert war. Das liegt meiner Meinung nach einerseits an politisch bedingt schwierigen Marktverhältnissen, aber vor allem auch am Kaufverhalten von Konsument:innen. Zwar finden die meisten Menschen, dass nachhaltiger Konsum wichtig sei, bei der Umsetzung wird dann aber kognitive Dissonanz sichtbar (= eigenes Verhalten im Widerspruch zu eigenen Zielen und Werten). Laut Umweltpsycholog:innen hilft in diesem Fall vor allem, wenn engagierte Menschen Alternativen vorleben und so zu Verhaltensänderungen motivieren. Das ist auch mein persönlicher Ansatz und der von Es wird.

Was ist Deiner Meinung wichtig für den Erfolg von Nachhaltigkeitsprojekten? Gibt es gelungene Projekte aus denen wir und bestimmte Branchen lernen können? Gibt es ein Lieblingsprojekt, das du uns ans Herz legen möchtest?

Als „gelernter Textilerin“ kommt mir spontan die Firma FREITAG in den Sinn. Zu Beginn ihrer Erfolgsgeschichte waren sie Pioniere in der Umsetzung von Nachhaltigkeit in jedem Bereich ihrer Unternehmenstätigkeit. Sie haben dies jedoch nicht in Form eines grossen Mahnfingers vor sich her getragen, sondern attraktive Produkte und ein noch attraktiveres Image geschaffen. Das war sicherlich, was ihren Erfolg ausgemacht hat und auch, wenn dieser heutzutage nicht mehr kopierbar ist, so können sich doch Anbieter:innen nachhaltiger Produkte eine dicke Scheibe von FREITAG’s Philosophie abschneiden. Das St.Galler Unternehmen „Einstoffen“ hat das auch sehr gut hinbekommen.
Kurz gesagt: Menschen kaufen nur bedingt aus Mitleid oder aus schlechtem Gewissen heraus. Das Produkt und das Image des Labels müssen attraktiv sein.

C) Was sind Deine Wünsche an Faircustomer? Was gefällt Dir? Was fehlt noch?

Faircustomer versteht sich als Marktplatz, der auch Konsumenten und Produzenten zusammen bringt. Manchmal ist er auch ein Lernort und ein Ort der Innovationen. Was braucht es Deiner Meinung, damit wir nachhaltige Startups (besser) unterstützen können?

2018 habe ich mit ES WIRD nachhaltige St.Galler Start-Ups an einen Tisch gebracht, um heraus zu finden, welche Rolle sie beim besseren Sichtbarmachen nachhaltiger Produkte übernehmen könnten und welche Anliegen sie haben. Dabei wurde klar, dass jede:r von ihnen bereits mit der Art der Produktgestaltung, der Herstellung und der Logistik einen maximalen Anteil an unserem gemeinsamen Ziel trägt. Vernetzung und Austausch mit Gleichgesinnten und die Möglichkeit, durch Bündnisse eigene Kapazitäten und Netzwerke zu erweitern, war und ist allen Labels ein Anliegen und indem sie dabei unterstützt werden, ergibt sich ein Boost für nachhaltige Produktangebote.

Konkrete Ideen dazu:

Jede:r Initiant:in verfügt über spezifisches Fachwissen und Erfahrung, von dem eine „Händler-Cloud“ profitieren kann. Eine „Händler-Academy“ mit Workshops, Vorträgen und Kursen wäre vielleicht auch eine nützliche Ergänzung zu eurem engagierten Service. Durch Kooperationen mit starken Partner:innen – ergänzend zu bestehenden wie z.B. Fashion Revolution Switzerland – könntet ihr für die Umsetzung nötige, umfangreiche Kapazitäten nutzen.

Hast Du Wünsche an „die Faircustomers“, an unsere Leserinnen und Leser? Möchtest Du unseren Kundinnen und Kunden etwas „auf den Weg“ geben?

Lebt eurem Umfeld die Veränderung vor, die ihr gerne hättet, denn nur, wenn viele Menschen ihr Leben nachhaltiger gestalten, wird ein Effekt spürbar. Motiviert Andere – nicht durch Belehrung oder Verurteilung falschen Verhaltens, sondern alleine durchs eigene Beispiel!

Carmen Cepon / ES WIRD

(Merci für einen abschliessenden Hinweis auf www.eswird.org, dass wir uns über Vereinsmitglieder und Spenden freuen und in der ganzen Ostschweiz ehrenamtliche Helfer:innen suchen)

Die Neuigkeiten des Vereins

Es wird ein Fest geben!

Am 21. August sind erfahrene und Neo-Gärtner:innen aus St.Gallen und Umgebung herzlich eingeladen, mit uns „Solanum Solario“ (aus dem Lateinischen übersetzt in etwa „Balkontomate“) zu feiern.
Das Ganze findet zwischen 12 und 17 Uhr auf dem Areal Bach in St.Fiden statt.
Diverse Organisationen und engagierte St.Galler:innen bieten mit uns ein buntes, unterhaltsames und informatives Programm für alle Altersgruppen an.

Es wird gegeben:

– Workshops
– Food & Drinks
– Podiumsdiskussion
– Musik
– Tombola
…und Informationen zu Angeboten in der Stadt rund ums Thema Gärtnern auf kleinstem Raum.

Mehr auf unserer Website www.eswird.org lesen ->

Produkte zu den Interessengebieten des Vereins Es Wird: