Interview zu Biodiversität
Wir haben ein Interview geführt mit einer unserer Händler*innen und mit ihr unter anderem darüber gesprochen, wie die Naturerlebnisse ihren Bezug zur Nachhaltigkeit geprägt haben oder was sie mit Ihrer Organisation dazu beiträgt, die biologische Vielfalt zu schützen. Viel Spass beim Lesen.
Interview mit Maria Müller, Inhaberin von Original Food GmbH. Unter anderem vertreiben sie Kaffee aus einem Bergregenwald in Äthiopien.
Was motiviert Sie, mit Ihrem Produkt einen Beitrag zur Biodiversität zu leisten? Waren Sie z.B. als Kind schon mit der Natur verbunden? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Ich bin auf dem Land aufgewachsen und die Natur war immer Teil meiner Kindheit. Oft streiften wir am Sonntag mit der Familie durch die Wälder und ich lernte von meinem Vater viel über die Natur und die Tiere. Damals war die Biodiversität noch nicht so gefährdet und wurde nicht gross thematisiert. Wirklich bewusst beschäftigte ich mich mit dem Thema erst, seit ich aktiv im Wildkaffee-Projekt mitarbeite, obwohl mich Natur und Landschaften, insbesondere auch Reisen in fremde Länder immer sehr faszinierten.
Welchen konkreten Beitrag leistet Ihr Produkt zur Biodiversität? Haben Sie positive Effekte schon beobachten können? Gibt es eine Erfahrung, welche den Wert für die Biodiversität greifbar macht?
Ziel des Wildkaffee-Projektes in Kaffa, im Südwesten Äthiopiens, ist es, den noch verbleibenden Bergregenwald mit seiner vielfältigen Biodiversität und insbesondere der wilden Arabica-Pflanze zu erhalten. Dieser wurde aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums und dem steigenden Bedarf an Ackerland und Weideflächen von den Bauern zunehmend abgeholzt, da er für sie keinen ökonomischen Wert darstellte. Seit die Bauern mit dem Sammeln und dem Verkauf des Wildkaffees ein Einkommen aus dem Wald erwirtschaften können, hat sich das geändert. Die Bauern tragen Sorge zu ihrer natürlichen Ressource und die Abholzung konnte fast ganz gestoppt werden. Über 8’000 Bauernfamilien leben heute in Kaffa vom Verkauf des Wildkaffees und indirekt profitieren über 100’000 Menschen vom Projekt. Es ist eindrücklich zu sehen, wie sich das Leben in Kaffa in den letzten 15 Jahren positiv verändert und das Bewusstsein für den Schutz des Waldes stark gestiegen ist.
Wie halten Sie es persönlich mit der Ökologie und Artenvielfalt? Wie sieht ihr naturnaher Alltag aus? Haben Sie z.B. „tierfreundlich“ gefrühstückt? Verbringen Sie viel Zeit in der Natur?
Beim Einkauf achte ich sehr auf lokale und gut produzierte Lebensmittel, am liebsten vom Biogeschäft oder direkt vom Bauernhof. Ich lebe zwar nicht vegan, esse aber sehr wenig Fleisch. Zum Frühstück mag ich gerne ein feines Vollkornbrot, Müesli, Früchte und selbstgepressten Fruchtsaft. Und natürlich darf ein frisch gebrühter Kaffa Wildkaffee nicht fehlen! Besonders im Frühling packt mich das Gartenfieber und ich pflanze Salat, Gemüse, Kartoffeln etc. im Garten und pflege meine unzähligen Blumentöpfe rund ums Haus. Die Arbeit mit der Natur und den Pflanzen entschleunigt und ist ein guter Ausgleich zum hektischen Alltag.
Wie erleben Sie die Produktion in der Zeit des COVID-19? Manche erzählen auch von einem „Aufatmen“ der Natur, von vermehrten Beobachtungen von Vögeln, Fischen. Gibt es aus ihrem Feld da auch entsprechende Geschichten? Können wir daraus etwas für die Zeit nach Corona lernen?
Wir konnten zum Glück trotz Covid-19 weiter Kaffee rösten und die Umsatzeinbussen aus der Gastronomie konnten zu einem grossen Teil über die höhere Nachfrage in den Biogeschäften und im Online-Shop wettgemacht werden. Dafür bin ich sehr dankbar. Persönlich hat die Krise und der Lockdown für mich, trotz einiger Ängste und Unsicherheiten, auch viel Positives. Es ist wie eine Notbremse, die uns aus dem immer schneller drehenden Alltag herausholte. Es hat etwas Befreiendes, man hat mehr Zeit mit der Familie und für sich selbst ohne vollen Terminkalender. Irgendwie nimmt man auch die Natur intensiver war. Ich hoffe sehr, dass wir etwas davon aus der Krise in den neuen Alltag mitnehmen.
Wie können wir als Community unsere Kund*innen zu einem naturnahen Konsum „verführen“? Was können wir und unsere Kund*innen im Alltag zur Biodiversität beitragen?
Neben allen ökologischen und sozialen Kriterien müssen unsere Produkte v.a. genussvoll sein. Nur so können wir die Konsumentinnen und Konsumenten langfristig für naturnahe und gut produzierte Lebensmittel gewinnen. Fein, ökologisch und fair gehören für mich deshalb untrennbar zusammen und sind auch die Grundwerte von Kaffa Wildkaffee und Original Food. Wenn wir beim Kaufentscheid auf diese Werte achten, kaufen wir automatisch gut hergestellte, nachhaltige Lebensmittel und tragen so mit jedem Franken etwas zum Erhalt der Biodiversität bei.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Artenvielfalt? Haben Sie einen Wunsch an unsere Leser*innen, an „die Faircustomers“?
Ich wünsche mir, dass künftig noch mehr Konsumentinnen und Konsumenten für den Erhalt der Artenvielfalt sensibilisiert werden können. Dabei sind wir alle gefordert, mit guten Produkten, nachhaltigen Projekten und einem aktiven Austausch zu überzeugen. Ich hoffe sehr, dass wir die aktuelle Krise als Chance für ein neues, bewussteres Leben und mehr Wertschätzung für Mensch und Natur nutzen.