Interview mit Anh Pham von «La Pham» – Vietnamesisches Traditionshandwerk trifft modernes, minimalistisches Design

Im Streben nach höchsten Qualitätsansprüchen und einer nachhaltigen Entwicklung von traditionellem Handwerk um Frauen aus ethnischen Minderheiten im Norden von Vietnam zu einem besseren Leben zu verhelfen.., dies ist es wonach Anh Pham mit ihrem Label «La Pham» seit Jahren strebt.

La Pham wurde 2016 gegründet und entwickelt seine eigene Vision von der Essenz internationaler Mode in Vietnam, um die vietnamesische Kultur in der Welt zu verbreiten und das traditionelle vietnamesische ao dai (traditionelle Tracht des vietnamesischen Volkes) in jeden Kontext und modernen Lebensraum zu bringen.

La Phams Sichtweise und Geist ist die Infusion von zwanzig Jahren Leben in der Schweiz, abenteuerlichen Reisen um die Welt und dem minimalistischen Lebensstil der Designerin.

Wie kam es dazu, dass Sie ihr Label «La Pham» gründeten? Was haben Sie vorher gemacht?

Ich habe zuerst Naturwissenschaft an der EPFL studiert und zwei Jahre an der EAWAG (Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs) promoviert. Danach habe ich mich als Qualitätsmanagerin weitergebildet und in den Bereichen ISO 9001 und ISO 14001 (Umweltmanagement) gearbeitet.

La Pham hat als Hobby vor über 7 Jahren begonnen. Da ich mich schon immer für Kunst und Zeichnen interessiert hatte, habe ich angefangen Kleider für Festivals zu entwerfen, unter anderem auch für das Burning Man Festival in den USA. Ich wurde hierfür angefragt ob ich nicht traditionelle Kleider designen könnte und somit hat alles angefangen.

«Ich folge meiner Leidenschaft und lerne jeden Tag etwas Neues»

Ich habe nicht Mode studiert, sondern bin meiner Leidenschaft gefolgt und jeden Tag etwas Neues dazu gelernt – übrigens lerne ich auch heute noch jeden Tag etwas Neues und Spannendes dazu.

Traditionell Vietnamesische Kultur gespart mit Europäischem Einfluss

Was ist das Besondere an Ihrem Angebot?

Unsere Kollektion ist eine Mischung aus traditioneller vietnamesischer Kultur, gepaart mit Europäischem Einfluss und Design – eine Mischung aus beiden Kulturen.

Durch meine Tätigkeit als Qualitätsmanagerin lege ich höchsten Anspruch auf Qualität an unsere Materialien und Verarbeitung, als Naturwissenschaftlerin ist Nachhaltigkeit ebenfalls sehr wichtig. Unsere Produkte sind mehrheitlich Zero Waste oder aus Recycling-Materialien. Aus alten Kleidern wird Neues gemacht.

Anh Pham ist eine der ganz wenigen Händlerinnen welche Vietnamesischen Stoff verwendet und nicht aus China. Die Gründe: Vietnamesischer Stoff ist (ca. 30%) teurer und die Auswahl ist geringer, obschon die Stoffe lokal hergestellt werden. Ganz nach dem Motto «aus wenig viel machen!» Die Produzentinnen arbeiten wenig maschinell, dafür mit viel Liebe zum traditionellen Handwerk. 

Sechs Monate für die Herstellung eines handbestickten Kleidungsstückes

Als Beispiel unser beliebter Kimono. Alleine die in Handarbeit gefertigte Stickerei dauert circa sechs Monate. Dies bedeutet, dass die Frauen tagsüber in den Reisfeldern ihrer Arbeit nachgehen und in der Freizeit Kleider herstellen. Dabei bringen die älteren Frauen den jungen Mädchen das Handwerk bei. Der Kimono wurde von Vertreterinnen der Minderheiten «Dao» produziert, welche traditionell viel schwarze oder rote Farben einsetzen.

Weihnachtsschmuck wie in diesem Beispiel werden von der Minorität «Hmong» hergestellt – traditionell sehr farblich oder mit Blumen. Von Hmong gibt es sechs verschiedene Untergruppen, welche in Vietnam, China, Laos, Myanmar und Thailand leben und in Vietnam die grösste Minoritäten Gruppe sind. Hmong setzen traditionellerweise auf viele Farben und Verzierungen mit Blumen und anderen Motiven.

Es gibt über 50 verschiedene ethnische Minderheiten in Vietnam welche sich in Kultur und Sprache unterscheiden. Sie lernen in der Schule vietnamesisch, sprechen aber im Alltag ihren eigenen Dialekt. Jede ethnische Minderheit hat ihren einen Stil und Erkennungsmerkmale.

Kennen Sie ihre Produzentinnen und Produzenten? Worauf achten Sie bei der Wahl von Partnern, der Materialien?

Da unsere Produkte zu 100% in Vietnam produziert werden, kenne ich unsere Produzentinnen persönlich und treffe sie regelmässig vor Ort. Zudem ist es mir wichtig, dass alle einen fairen Lohn erhalten.

Innovativ in der Verwendung von neuen Materialien

Was sind Ihre nächsten Ziele?

Wir sind bereits in der Planung, Produkte aus nachhaltigen Ressourcen zu verarbeiten. Dazu gehören zum Beispiel Produkte aus Kokosnussblättern für Taschen und Hüte, Kleider aus Bambusstoffen oder aus Chrysopogan (Pflanze in der Grasfamilie). Die Möglichkeiten lokale Ressourcen einzusetzen sind nahezu unbegrenzt. Alle Ideen haben immer das Ziel, eine Brücke von traditionellem Handwerk in die Moderne zu schlagen!

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wir wollen die Vietnamesische Kultur, speziell jene der ethnischen Minderheiten nachhaltig bekannt machen. Dabei legen wir grossen Wert auf Nachhaltigkeit und Qualität unserer Produkte, da es lange dauert bis ein Kleidungsstück von Hand gefertigt wird.

Nach dem Motto «Lieber weniger konsumieren – Qualität vor Quantität» versuchen wir auch das Qualitätsbewusstsein in Vietnam zu steigern.

Jedes Stück ein Unikat und nach der Fantasie der Näherin hergestellt

Da alle Kleider in Handarbeit und nach der Fantasie der Näherinnen hergestellt werden kann es durchaus sein, dass sowohl Farbe als auch Muster variieren – jedes Stück ist ein Unikat und als Endprodukt einzigartig. Wir stellen keine Massenware her, sondern legen grössten Wert auf Qualität.

Was verbindet Sie mit der Schweiz?

Ich bin mit 5 ½ Jahren in die Schweiz gekommen da mein Vater in der Schweiz doktoriert hat. Wir waren eine der ersten vietnamesischen Familien, die in der Schweiz offiziell studieren durften. Ich bin also bereits sehr früh mit beiden Kulturen (Schweiz/Vietnam) in Berührung gekommen, was mein Leben und meine spätere Passion für Textildesign sicherlich beeinflusst hat. Mittlerweile ist mein Wohnsitz wieder hauptsächlich in Vietnam und somit auch näher bei den Produzentinnen und auf der Suche nach neuen Materialien und dem täglichen Drang, Neues zu erlernen.

UN-DRESS SUSTAINABLE FASHION AWARD 2022 LA PHAM

La Pham ist stolz darauf, die einzige vietnamesische Designerin zu sein, die an der von Un-Dress in der Schweiz organisierten nachhaltigen Modeschau und dem AWARD 2022 teilnimmt.
La Pham hofft, die vietnamesische Kultur auf den internationalen Markt zu bringen und die Botschaft der nachhaltigen Mode zu verbreiten.

Zu den Produkten von «La Pham»

Siehe auch das Interview von Rachel Isenschmid von Empower Women Asia, ein Projekt mit dem Ziel und der Mission, die Frauen ethnischer Minderheiten in Vietnam zu unterstützen

 

Hier geht es zur Übersicht von Mode und Kleidung – auch von anderen Produzent:innen, die Wert auf nachhaltige Materialien und faire Produktion legen: