Von der Wichtigkeit im Jahresablauf und der zeitlichen Ausdehnung ist das Tibetische Neujahr, auch als Losar bekannt, am ehesten mit unserem Weihnachtsfest vergleichen.
Es wird in den Monaten von Dezember bis Januar über einen Zeitraum von zwei Wochen gefeiert. Das Tibetische Neujahrsfest, Losar, fällt im Jahr 2022 auf den 3. März, es ist das Tiger-Wasser-Jahr 2149.
Mit Yangchen und Thomas Büchli von «PEMA OF TIBET» konnten wir zu diesem besonderen Ereignis ein Interview durchführen und möchten Sie auf eine spannende Reise in die Tibetische Kultur mitnehmen.
Feiern Sie den Tibetischen Neujahrstag? Und wenn ja, wie und wo ?
2022 ist das Wasser-Tiger-Jahr 2149. Das Tibetische Neujahr «Losar» ist ein Must im Jahresablauf einer traditionellen tibetischen Familie. Es wird normalerweise über mehrere Tage hinweg zelebriert. Für uns ist es jedoch nicht so dominant und wir picken uns jeweils Highlights raus, je nach Situation.
Gibt es spezielle Rituale, welche Sie durchführen?
In unserer Familie beliebt ist jeweils die «Gu-Thug»-Suppe, bei der, versteckt in Teigbeuteln, verschiedene Symbole persönliche Eigenschaften offenbaren. Gelächter und je nach Symbol Schadenfreude sind obligatorisch…
Ganz wichtig ist uns auch das Herunternehmen und Verbrennen der alten und am «Losar» das Aufhängen von neuen Gebetsfahnen in unserem Garten.
Spielt der Tibetische Neujahrstag für Sie und Ihre Institution eine Rolle? Mit welchem traditionellen Schweizerischen Fest lässt sich das am besten vergleichen?
Da ich momentan Präsident der Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft GSTF bin, werde ich jeweils ins Tibet Institut Rikon für eine Gebets-Zeremonie im Andachtsraum eingeladen.
Von der Wichtigkeit im Jahresablauf und der zeitlichen Ausdehnung ist das «Losar» am ehesten mit unserem Weihnachtsfest vergleichen.
Gibt es eine Botschaft, von der Sie denken, dass sie auch für Nicht-Tibeter / Nicht-Buddhisten interessant wäre?
Am letzten Tag des alten Jahres wird geputzt, gewaschen, alles Verbrauchte entsorgt. Symbolisch werden damit natürlich auch immaterielle Lasten «abgeladen». So kann man mit neuem Elan, in neuer Kleidung und einem von Altlasten befreiten Geist ins neue Jahr starten.
In der Schweiz leben rund 8000 Tibeter. Wie stark pflegt man den Kontakt untereinander? Wie hat sich dies über die Jahre verändert?
Man kann sich das Funktionieren dieser Gemeinschaft der Tibeter:innen in der Schweiz ähnlich vorstellen wie das einer Schweizer Gemeinde in gleicher Grösse. Es gibt grössere und kleinere Vereine mit unterschiedlichsten Zwecken. Auch besteht eine demokratisch gewählte «Gemeindebehörde», die «Tibeter Gemeinschaft in der Schweiz und Liechtenstein TGSL» mit 26 Sektionen und ihren ebenso demokratisch gewählten Sektionsleitungen, den «Thümis». Die gewählte Leitung der TGSL wird seit 2021 durch eine Tibeterin ausgeübt. Diese Gemeinschaft ist ein integrierter Bestandteil der weltweiten tibetischen Diaspora mit ihrem Exilparlament und der tibetischen Exilregierung in Dharamsala, Nordindien. Hier lebt auch S.H. der Dalai Lama seit seiner Flucht aus Tibet 1959 im Exil.
Verändert hat sich natürlich die tibetische Gemeinschaft über die letzten sechs Jahrzehnte vor allem durch ein Wachstum von den ersten 1000 Tibeter:innen, die in den 1960igern in die Schweiz gekommen sind zu den heute gegen 8000 Menschen tibetischen Ursprungs hier.
Leider ist die Situation für die Tibeter:innen in ihrer Heimat durch die immer brutalere Unterdrückung von Seiten der Volksrepublik China zunehmend unhaltbar.
Im zürcherischen Rikon steht das Klösterliche Tibet-Institut, das in den 60er Jahren auf den Wunsch und unter der Schirmherrschaft Seiner Heiligkeit des 14. Dalai Lama gegründet wurde.
Als Präsidentin der Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft (GSTF), kämpften Sie, Frau Yangchen Büchli an vorderster Front für die Anerkennung von Tibet. Wie muss man sich einen erfolgreichen Tag bei dieser Arbeit vorstellen?
Ich war von 2007 bis 2009 Präsidentin und 2014 bis 2016 Vizepräsidentin der GSTF. Seit dann ist mein Ehepartner Thomas Präsident. Die Führung der GSTF mit ca. 1600 Mitgliedern wird zum Glück unterstützt durch eine professionell geführte Geschäftsstelle. So kann man sich als Präsident:in auf strategische Aufgaben konzentrieren und natürlich auch viele Kontakte zu tibetischen und schweizerischen Stellen pflegen. Oft steht die Organisation von Öffentlichkeitsanlässen und Kundgebungen auf dem Programm. Während meiner Amtszeit fand die Sommerolympiade in Peking 2008 statt. Im Vorfeld dazu kam es in Lhasa, Tibets Hauptstadt zu Aufständen, die sich mit Selbstverbrennungen von Tibeter:innen in ganz Tibet ausweiteten. Da wurden wir von den hiesigen Tibet-Organisationen sehr stark durch Medienanfragen beansprucht. Das zog sich über einige Monate hin.
Heute stehen wir wieder in der Situation Olympische Spiele in Peking: Wir rufen unsere Regierung zu einem diplomatischen Boykott von «Peking 2022» auf. Die Sportler:innen werden in Peking sehr schwierige Situationen erleben und total abgeschottet in ihrer Corona-Blase sich bewegen. Wir haben über das Swiss Ski die Möglichkeit erhalten, Informationen zu Menschenrechtsverletzungen durch die VR China an die Sportler:innen zu geben. Viel Zeit verbringt ein GSTF-Präsident mit politischer Hintergrundarbeit. Kontakte zur bestehenden Parlamentarischen Gruppe Tibet sind unser Tor ins Schweizer Parlament in Bern.
Wie funktionieren Sie als interkulturelle Familie? Spürt man da die unterschiedlichen Kulturen im Alltag? Unterscheiden Sie zwischen “typisch tibetischen” und “typischen schweizerischen” Eigenschaften?
Unsere Beziehung ist aus einer Schulfreundschaft im Alter von 14 Jahren herausgewachsen. Wir sind seit 50 Jahren ein Paar. So ist unsere Familie zwar transkulturell aber so alltäglich, dass wir im Alltag beide Kulturen so sehr verwoben haben, dass es eigentlich nur typisch «Yangchen und Thomas» gibt. Durch unsere Heimat in beiden Kulturen ist sicher unser Gespür für nicht-schweizerische Kulturen grösser als bei einer durchschnittlichen hiesigen Familie.
Ihre Tibetischen Gebetsfahnen gehören zu den Bestsellern bei Faircustomer. Was geht in Ihnen vor, wenn sie solche Fahnen in der Schweiz sehen?
Es ist für uns eine grosse Freude, dass dieses ausgesprochen tibetische Kulturgut in unserem Land so stark verbreitet und beliebt ist. Die Wirkung der «Lungtas» (tibet. für Windpferd), wie die Gebetsfahnen genannt werden, entfalten so auch bei uns ihre Wirkung, indem die aufgedruckten guten Wünsche und Gebete durch den Wind in alle Himmelsrichtungen verbreitet werden – hoffentlich auch zugunsten des tibetischen Volkes.
Tibetische Gebetsfahnen sollen zum Frieden, Glück und der Weisheit jedes Lebenswesens beitragen. Die Gebete und Mantras sind jedoch nicht an eine Gottheit gerichtet, sondern werden durch den Wind zu allen Wesen dieser Welt getragen.
Sie engagieren sich schon über 40 Jahre. Was sind ihre Wünsche für die nächste Generation?
Für uns ist es ein grosses Anliegen, dass Tibets Schicksal nicht vergessen geht. Wir versuchen immer, auch die jungen und jüngsten Generationen mit dem historischen und kulturellen Wissen über Tibet zu versehen. Besonders erfreulich ist, dass sich zunehmend Lernende und Studierende in ihren Abschlussarbeiten mit der Fluchtgeschichte der Tibeter:innen auseinandersetzen.
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