interview banner URBNC3, Roman Wyss

Interview mit Roman Wyss, URBNC³

URBNC³ stellt personalisierte Schuhe her. Mit Ihrem Konzept stellen sie den verschwenderischen Status Quo der Schuhindustrie in Frage. Sieht die Schuhindustrie in der Zukunft weiterhin gleich aus, oder könnte sich vieles bald Verändern?

In einem Interview mit dem innovativen Unternehmen URBNC³ finden wir heraus, was hinter diesem Namen steckt und welche Ziele die Gründer Roman Wyss und Linda Wang in der Zukunft verfolgen werden.

Wie kam es zur Gründung von URBNC³ und was steckt hinter dem etwas geheimnisvoll klingenden Namen?

Obwohl wir schon zuvor verschiedene Touchpoints hatten (gleiches Gymnasium, gleiches Masterprogramm), haben wir uns erst bei der Arbeit kennengelernt. Als wir uns trafen, haben wir beide bei Deloitte im Bereich Fusionen und Übernahmen gearbeitet. Linda war damals meine direkte Vorgesetzte und auch meine Mentorin. Ich habe bis zur Gründung von URBNC³ weiter bei Deloitte gearbeitet, während Linda noch Erfahrung in leitenden Positionen in einem Finance Startup gesammelt hat.

Ursprünglich steht der Markenname für «urbanic». Das «hoch drei» widerspiegelt unsere drei Markenversprechen «custom, classic, contemporary» und ist ein Hinweis auf die Verwendung von 3D Druck Technologie.

Würdet ihr URBNC³ als Start-Up beschreiben? Seht ihr euch als Ecopreneurs, als Innovativen oder als Sozialunternehmen?

Wir sind ein gewinnorientiertes Startup Unternehmen, das zentrale Nachhaltigkeitsaspekte kommerziell sinnvoll umsetzen will.

Ein Schuh ist ein eher komplexes Produkt. Wie arbeitet ihr zusammen mit Forschung & Entwicklung, Finanzierungs- und anderen Partnern?

Wir sind mittlerweile ein Team bestehend aus 5 Mitgliedern und einem Berater. Im Bereich 3D-Druck arbeiten wir mit dem Labor für Klebstoffe und Polymere der ZHAW zusammen. Daneben ist URBNC³ ein registriertes Projekt am Student Project House der ETH Zürich und Startup@HSG, wo wir an verschiedenen Challenges teilnehmen. Dadurch profitieren wir von dem breiten Coaching-Angebot, welches uns Inputs für verschiedenste Geschäftsbereiche liefert.

Was ist das besondere an den URBNC³ Sandalen? Ist es ein Gesundheits- oder ein Ökoschuh?

nachhaltige-und-personalisierte-sohlen.jpg

Weder noch! URBNC³ sind die individuellsten Sandalen mit der besten Passform und verbinden Design, Komfort und Nachhaltigkeit. Kundinnen und Kunden können im Online-Konfigurator die Farben aller Komponenten wählen und mehrere austauschbare Riemen in verschiedenen Farben und Stilen bestellen. Danach scannen sie ihre Füsse zuhause mit unserer Smartphone App. Auf dieser Basis passen wir dann das Fussbett unserer Sandalen mittels 3D-Druck perfekt den Füssen der Kundinnen und Kunden an. Unsere 3D-gedruckten Mittelsohlen bilden das Kernstück der Sandalen. Sie werden direkt nach dem Druck zu massgeschneiderten Sandalen weiterverarbeitet. Da jeder Fuss individuell ist, ist auch jeder einzelne unserer Sandalen ein Unikat! Mit URBNC³ beweisen wir, dass Komfort, Design und Nachhaltigkeit keine Kompromisse sein müssen. Deshalb haben wir uns für das ultimative Tragegefühl von Orthopädieschuhmachern und Podologen beraten lassen. Als wir unser Produkt entwickelt haben, war uns klar, dass Nachhaltigkeit oberste Priorität hat. Daher setzen wir auf alternative, nachhaltige Materialien und versuchen, so viel Nachhaltigkeit wie möglich in unser Produkt zu integrieren.

Es gibt nur wenige nachhaltig produzierte Schuhe. Was sind eurer Erfahrung nach Schwierigkeiten und wie versucht ihr diese anzugehen?

Die Fashionindustrie gilt allgemein als einer der rückständigsten Sektoren im der Nachhaltigkeit. Innerhalb dieser Industrie nimmt die Schuhindustrie eine besondere Position ein. Dies liegt hauptsächlich daran, dass Schuhe ein komplexeres Produkt sind, als beispielsweise T-Shirts und aufgrund ihrer stärkeren Belastung auch höhere Anforderungen an das Produkt stellen. Die Produktion erfordert üblicherweise einen komplexen Maschinenpark. Die gesamte Wertschöpfungskette ist auf verschiedene Fabriken verteilt, die unterschiedliche Komponenten herstellen. Dadurch ist die Produktion sehr kapitalintensiv, weshalb sich die Schuhindustrie – abgesehen von sehr teuren handgefertigten Schuhen oder orthopädischen Produkten – hauptsächlich auf die Massenproduktion von Standardgrössen konzentriert. Deswegen sind Schuhhersteller oft konservativ und weniger bereit, ihre Produktionsmethoden den tatsächlichen (Umwelt-)Bedingungen und neuen Anforderungen anzupassen, wie beispielsweise die Verwendung von 3D-Druck und innovativen Materialien mit sich bringen. Eine der zentralen Herausforderungen ist es, diese Neuerungen zu integrieren.

«Mit URBNC³ beweisen wir, dass Komfort, Design und Nachhaltigkeit keine Kompromisse sein müssen.»

Wenn man bedenkt, dass es erst seit einigen Jahren pflanzenbasierte Lederalternativen gibt, während Schuhe aus Tierleder schon seit tausenden von Jahren hergestellt werden, erscheint dieser langsame Anpassungsprozess nicht überraschend. Zusätzlich ist es eine Herausforderung, Materialien zu finden, die sowohl qualitativ hochwertig als auch langlebig und nachhaltig sind. Mit URBNC³ haben wir jedoch einen Weg gefunden, die Schuhindustrie langfristig viel nachhaltiger und effizienter zu gestalten.

Ihr habt für die Materialauswahl viel Rechercheaufwand betrieben. Könnt ihr uns ein wenig von dieser Reise erzählen?

Aufgrund unseren persönlichen Erfahrungen hatten wir bereits einige Kenntnisse in diesem Bereich. Ich habe 2018 den Un-Dress Fashion Event organisiert, bei dem ich mit verschiedenen nachhaltigen Modebrands und Textilherstellern in Kontakt kam. Zudem habe ich einen guten Freund, der seit langer Zeit Vegan ist und pflanzenbasierte Lederwaren kauft. Meine Co-Founderin Linda lebt auch vegan und besass schon vor unserem Launch zahlreiche Produkte aus Pflanzenleder. Gemeinsam mit ihrer Schwester führt sie ein Projekt, welches Hundeleinen und Halsbänder aus Apfelleder herstellt. Um die besten Materialien zu finden, haben wir gemeinsam umfangreich recherchiert und so viele verschiedene pflanzenbasierte Lederalternativen wie möglich getestet. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, und wir überprüfen kontinuierlich den Markt auf neue, besser geeignete Materialien. Unser Wunsch ist es, ein geeignetes pflanzliches Material zu finden, das eine ähnliche Optik wie Leder aufweist, komplett plastikfrei und robust genug für die Schuhproduktion ist. Dank Faircustomer haben wir einen vielversprechenden Kandidaten identifiziert und planen, diesen in den kommenden Monaten zu testen. Wir sind zuversichtlich, dass wir so einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit machen können.

Was ist nachhaltig an eurem Produkt? Was ist euch dabei wichtig?

Einerseits verwenden wir, wo immer möglich, nachhaltige Materialien. Für die Lederkomponenten setzen wir anstelle von tierischen Produkten pflanzenbasierte Alternativen ein. Im Bereich der Klebstoffe arbeiten wir mit einer Zürcher Firma zusammen, deren Klebstoff zertifiziert biologisch abbaubar ist. Für unsere Mittel- und Aussensohlen kooperieren wir mit einem anderen Startup, das Materialien herstellt, welche biokompatibel sind und sich viel schneller abbaut als herkömmliche Materialien, wodurch wir die schädliche Mikroplastik Akkumulation in der Umwelt minimieren können.

Andererseits ist unser Herstellungskonzept an sich nachhaltig, da wir nur auf Anfrage produzieren und unsere Schuhe von Anfang an passen. Dadurch wirken wir der vorherrschenden Wegwerf- und Rücksendekultur im Schuhmarkt aktiv entgegen. Mit unserem modularen Konzept und den austauschbaren Riemen in verschiedenen Styles können ausserdem mehrere Looks mit nur einer Sandalenbasis kreiert werden, wodurch Sie weniger Schuhe kaufen müssen. Weiter ist 3D-Druck grundsätzlich nachhaltig im Bezug auf Materialverschleiss, denn es fällt – ausser im Falle von Fehlproduktionen – kein Abfallmaterial an. Schliesslich ist es uns auch wichtig, dass unsere Schuhe unter fairen Bedingungen hergestellt werden. Aktuell arbeiten wir mit einer Lebenshilfestiftung in der Schweiz zusammen und suchen nach weiteren Produktionspartnern in Europa. Die Fabriken besichtigen wir immer persönlich. Daneben vernetzen wir uns aktiv mit der Nachhaltigkeits-Community, um weitere Möglichkeiten zu identifizieren, wie wir unser Geschäft noch nachhaltiger gestalten können.

Wo musstet ihr Kompromisse machen? Woran arbeitet ihr noch?

Ein Kompromiss besteht bei der Verwendung von pflanzenbasiertem Leder, welches immer noch zu einem signifikanten Teil aus Plastik besteht. Da wir vegane Schuhe anbieten wollen, ist solches Leder aktuell die beste Alternative, um auch optisch eine Lederalternative zu bieten. Wir sind jedoch dabei, weitere Materialien zu testen und versuchen, auch langfristig Plastik weiter zu reduzieren.

Gibt es SDGs die euch besonders wichtig sind?

Natürlich betreffen nachhaltige Geschäftsmodelle wie bei URBNC³ immer diverse SDGs, da diese auch stark miteinander verflochten sind. Ich würde aber sagen, Ziel 12 (Nachhaltig produzieren und konsumieren) und Ziel 14 (Leben unter Wasser schützen) sind für unser Geschäftsmodell besonders zentral.

 die 17 SDG Nachhaltigkeitsziele

Arbeitet ihr mit einem Nachhaltigkeitsmodell?

Wir haben noch kein umfassendes Nachhaltigkeitsmodell im Einsatz, sind jedoch dabei, eine Datenbank über Materialien, die wir für die Produktion in Betracht ziehen, sowie einen Fragebogen an Lieferanten zu erstellen. Über die nächsten Monate werden wir zudem als Teilnehmer der Swiss Sustainability Challenge einen separaten Businessplan entwickeln, der sich am Sustainability Canvas Modell orientiert. Ebenfalls ist eine Beurteilung der Ökobilanz unseres Produktes durch eine Drittpartei in Planung.

Unsere Community hilft gerne mit bei nachhaltigen Produkten. Wie können unsere Leserinnen und Leser sich bei URBNC³ einbringen und beteiligen?

Aktuell starten wir einen Crowdfunding Pre-Sale via Kickstarter. Interessierte können dort unser Produkt vorbestellen, und je früher sie uns unterstützen, desto höhere Rabatte erhalten sie! Selbstverständlich freuen wir uns über jegliche Fragen, Anregungen, Vorschläge und Ideen! Wir sind sehr daran interessiert, mit Kooperationspartnern oder Experten in verschiedenen Bereichen in Kontakt zu treten. Daneben würden wir uns auch freuen, wenn die Faircustomer Community unsere Website besucht und uns auf unseren Social Media Kanälen folgt. Alle Kontaktangaben sind am Ende des Interviews zu finden.

Was sind eure Anliegen an die Community und die «Faircustomer»?

Einerseits wünschen wir uns, dass die Faircustomer Community keine Zurückhaltung zeigt, wenn sie unser Produkt aus der Nachhaltigkeitsperspektive beurteilt. Die meisten pflanzenbasierten Lederalternativen enthalten immer noch einen signifikanten Anteil an erdölbasiertem Kunststoff. Uns ist natürlich bewusst, dass wir im Bereich Nachhaltigkeit noch nicht eine endgültige Lösung erreicht haben. Anderseits hoffen wir, dass die Community Verständnis dafür, dass wir noch nicht zu 100% kreislauffähig sein können und unsere Arbeit trotzdem als wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigeren Welt anerkennen kann. Wir erhoffen uns durch den Austausch mit der Community immer bessere Lösungen zu finden, damit wir in Zukunft einen Schuh herstellen können, der tatsächlich kompostierbar ist.

 

Wo seht ihr euch in 5 Jahren? Wird URBNC³ ein globales Unternehmen? Gibt es Produktideen für die Zukunft?

Wir sehen uns als High-Growth Startup. Unser Ziel ist es, möglichst schnell den Markt zu erobern und zu zeigen, dass Mass Tailoring zum neuen Status Quo in der Schuhindustrie werden kann. Innerhalb von 5 Jahren streben wir an, zumindest den europäischen Markt mit unseren Sandalen zu erobern. Parallel dazu werden wir unser Konzept mit unseren gesammelten Erkenntnissen und Erfahrungen auf weitere Schuhtypen ausbauen und Kooperationen mit Marken anstreben, die bereits jetzt globale Marktführer sind.

Was möchtet ihr unseren Leserinnen und Lesern auf den Weg geben?

Wir sind sehr offen für Kollaborationen mit Brands in verschiedensten Bereichen. Wir freuen uns, wenn andere Brands, Projekte oder Unternehmen aus dem Faircustomer Netzwerk diesbezüglich kontakt aufnehmen. Auch sonst sind wir für jegliche Fragen und Anregungen dankbar. Bitte zögert also nicht, uns zu kontaktieren!

 

Wichtige Links 

urbnc3 Tiktok urbnc3shoes Facebook urbnc3 InstagramURBNC3 Twitter urbnc3shoes Linkedin

 

 

Unterstütze URBNC³ beim Crowdfunding Pre-Sale via Kickstarter!

 

Kontakt URBNC³ Roman Wyss

Email: roman@urbnc3.com

Tel. +41 79 712 42 75

LinkedIn: Roman Wyss

URBNC³ Webseite

Produkte von URBNC³:

Zum URBNC³ Shop